China 2010

Das Reich der Mitte und Mutterland des Tees
2010 hatte ich die Möglichkeit 16 Tage in China zu verbringen. Neben viel Kultur und Landschaft war für mich natürlich der Besuch bei verschiedenen Teeplantagen Pflicht. Durch die Vermittlung über die Außenstelle der Firma Intertee in Shanghai konnte ich mich einige Male auch etwas intensiver und detailierter auf den Plantagen umschauen. Welch ein unvergessliches Erlebnis. Vielen Dank dafür. Wie nicht anders zu erwarten erwiesen sich die guten Reise- und Teetipps vom Hamburger “Teepapst“ Rainer Schmidt als sehr hilfreich.

Drachenbrunnental
Einer der Höhepunkte war der Besuch der Region Zhejiang am West Lake. In unmittelbarer Nähe des mächtigen Flusses Yangtse, westlich der großen Seen, werden die ersten Frühjahrstees noch vor den beginnenden Regenfällen und vor der Entwicklung des zweiten Blatts geerntet.

Die meisten Grünteekenner haben den Tee aus dieser Region schon einmal getrunken. Er hat viele Namen, aber der bekannteste ist Lung (Drache) Ching (gut). Man findet diesen Tee auch unter den Namen Drachenbrunnentee, Dragon Well oder Lung Qiang. Weil die Mönche aus dem nahe liegenden Kloster an einem der wichtigsten chinesischen Feiertage anfang April in den Plantagen Geister beschwören und Götter rufen, um eine gute Ernte einzufahren, wird dieser Tee auch als Mönchstee bezeichnet.

Am Tag unseres Aufenthaltes auf einer kleinen Teeplantage am West Lake hatten die Chinesen diesen Feiertag. Gefühlt war ganz China auf den Beinen und unterwegs im Drachenbrunnental. Menschen wohin man sah.

Die Landschaft rund um den West Lake besteht weitgehend aus mit Teesträuchern übersätem Bergland. Jedes Haus hat im Garten dahinter Teesträucher stehen, welche zum Eigenbedarf dienen. Vorort befindet sich auch das Teemuseum. Jahrhunderte lange Erfahrungen des Anbaus und der Herstellung des Tees sind hier untergebracht. Laut veröffentlichten Statistiken werden ca. 800000 p.a. Teesorten hergestellt, davon ca. 80% grüner und 20% schwarzer Tee.

Interessiert beobachtete ich, wie vor den Häusern die frisch geernteten Teeblätter in wokähnlichen Geräten per Hand gerollt und gepresst wurden. Nachdem man mich als Teefachmann entlarvt hatte wurden mir nicht nur die handelsüblichen Tees angeboten. Mir wurden sehr hochwertige und besonders aromatische Tees zur Verkostung gereicht.

Überraschend war für mich die angebotene Vielfalt der Lung Ching „Grade“ (Qualitätseinstufungen). Natürlich kann man auch in Europa/Deutschland unterschiedliche Grade bekommen, aber nicht in diesem Maße.

Allgemein
In den verschiedensten Millionenstädten, ob Nangjing, Peking oder andere fand ich unterschiedlichste Teesalons. Hier wurde einem bewusst, dass es keine chinesische Teezeremonie, sondern vielfältige Teezeremonien gibt. Das Land ist zu groß und die Entwicklung in den verschiedenen Regionen zu verschieden, als das es eine einheitliche Teezubereitung gibt.

Erstaunlich für mich war die Erkenntnis, dass die Einheimischen, den bei uns weniger bekannten, aber sehr feinen Oolongtee tranken. Ebenso konnte man in jedem kleineren Geschäft Kräuter- Blütenmischungen erwerben.

Im Einzugsgebiet von Shanghai leben ca.18 Millionen Menschen. 3 Hochhäuser beinhalten die gesamte Einwohnerschaft von Speyer !!UNVORSTELLBAR!!

Denken Sie mal an einen Samstagvormittag in einem Einkaufszentrum mit Sonderverkauf und nehmen Sie diesen x4 und sie haben einen normalen Wochentag in einer chinesischen Stadt.

Ich habe auf meiner Reise gelernt, dass Chinesen in erster Linie auf ein gutes Geschäft aus sind. Zeigt man etwas Interesse, oder auch nur ein kurzes Augenzucken wird dies sofort entsprechend interpretiert und man wird umgehend in Gespräche und Verhandlungen verwickelt. Diese Chinareise hat mich nachhaltig beeindruckt.

M. Münzenberger